Zum Jagdverhalten des Wolfs gehört die Beutesuche, das Beschleichen, das Zusammentreffen mit dem Opfer, das Hetzen, der Angriff und das Fressen. Bei der Jagd auf Herdentiere weit verbreitet ist auch das Absprengen von Tieren aus einer Gruppe oder Herde, das dem Hetzen und dem Angriff vorausgeht. Die Variabilität im Jagdverhalten ist noch besser zu verstehen, wenn man die unterschiedlichen Fortbewegungsweisen des Wolfes kennt.
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Wolf im Trab | Wolf im mäßigen Galopp |
Am typischsten ist
für den Wolf ein weitgreifender, fördernder Trab, der sich von dem des Hundes durch ein
ruhiges Tempo und kräftigere Bewegungen unterscheidet. Die langen Pfoten verstärken das
Abfedern und ermöglichen es dem Tier, kleinere Hindernisse ohne Tempoänderung zu
überwinden. Oft bewegt sich der Wolf in einem gleichmäßigen Galopp, mit dann weit nach
vorn gestreckten Vorderpfoten. Der Rücken wird bei dieser Gangart kaum gebogen. Im
Gegensatz zum scharfen Galopp bei der Verfolgung einer Beute. Ein verfolgter oder ein
Beutetier verfolgender Wolf entwickelt eine Geschwindigkeit von 40-50 km/h, bei scharfem
Antritt kann er auf kürzen Strecken sogar 60-65 km/h erreichen. Bei der Fortbewegung
nutzt der Wolf geschickt die Geländestruktur und die verschiedensten natürlichen
Deckungsmöglichkeiten aus. Ohne das Tempo zu ändern nutzt er selbst in der offenen
Landschaft auch die geringste
Suchen und Aufspüren der Beute
Die Wechsel, auf
denen Beute gesucht wird, sind konstant. Sie führen durch Gebiete, in denen zu bestimmten
Jahreszeiten Beutetiere zu finden sind oder Beutetierkonzentrationen auftreten. Sie sind
sehr rationell angelegt und berühren nicht nur die beutetierreichsten Revierteile,
sondern sie ermöglichen auch die günstigste Annäherung an das Opfer.
Wenn die Wölfe das
Beutetier gewittert haben oder dessen Nähe spüren, bleiben sie stehen, laufen unruhig
hin und her, wedeln erregt mit dem Schwanz und blicken aufmerksam in die Richtung der
Beute.
Eine Etappe der
Beutesuche beschränkt sich auf das Aufspüren neugeborener Huftiere. Diese Art des
Nahrungserwerbs kommt in allen Landschaftstypen vor. Die Wölfe kennen nicht nur die
Setzzeiten sehr genau sondern auch die Plätze, an denen Jungtiere gesetzt werden, weil
jene bei vielen Huftieren ziemlich konstant sind. Die Wölfe suchen diese Plätze auf und
inspizieren sie während der Hauptsetzzeit täglich gründlich. Wenn sie eine Elch- oder
Hirschkuh aufgespürt haben, die gerade gekalbt hat, durchkämmen sie wie Vorstehhunde
ganz gründlich das engere Gebiet und finden gewöhnlich das Neugeborene. Die Wölfe
dringen über das Eis zu den Liegeplätzen der Kaspischen Seehunde vor und reißen alle
erreichbaren Jungen. In gleicher Weise suchen sie die Gelege und Jungen aller möglichen
Vögel und fressen sie.
Wenn die Wölfe ein
Beutetier aufgespürt haben, schleichen sie es an und versuchen sich ihm soweit zu
nähern, dass sie es sicher anspringen können. Dabei passt sich der Wolf dem Verhalten
des Opfers an, verhofft, wenn dieses beunruhigt aufmerksam die Umgebung mustert, und
schleicht dann mitunter kriechend mit unglaublicher Geduld und Ausdauer immer näher
heran. An heißen Tagen schleichen sich die Wölfe: an ruhende Saigas, fressende
Murmeltiere und andere Tiere an.
Die auf das
Anschleichen folgende Etappe ist der Angriff. Der Angriff erfolgt mit einem kräftigen,
kurzen Sprung, dann folgt der Biss und (oder) die Verfolgung, wenn das Opfer nicht sofort
gerissen werden kann. So tötet der Wolf im Gebirge und in der Ebene Hirsche, Elche,
Argalis und Steinböcke, seltener Wildschweine oder Rehe. In der offenen Landschaft wird
diese Jagdweise seltener angewandt, weil es schwierig ist, sich dem Opfer bis auf kurze
Entfernung zu nähern. Wenn der Wolf auf den ersten Hunderten von Metern nicht den
entscheidenden Biss anbringen kann, wird die Verfolgung meist aufgegeben.
Langdauernde
Hetzjagden auf Huftiere sind beim Wolf nicht die Regel. Solche Hetzjagden unternimmt
der Wolf nur, wenn die Situation für die Huftiere ungünstig ist oder geschwächte Tiere
das Opfer sind. Wenn die Wölfe einen durch die Brunft hungrigen und geschwächten
Saigabock aus dem Lager hochmachen, verfolgen sie ihn ohne Eile, bis er völlig
entkräftet zusammenbricht.
Das Aufsprengen des Rudels ist eine wesentliche Etappe der Jagd auf in Gruppen auftretende Tiere. Die Wölfe versuchen, das Rudel auseinander zu treiben oder von der Gruppe ein oder mehrere Tiere abzusprengen. Die konkreten Methoden, um dies zu erreichen, variieren: Ablenken des Leittieres, unerwarteter Angriff, Angriff von der entgegengesetzten Seite, Eindringen in das Rudel, um Panik zu erzeugen, am häufigsten jedoch Angriff auf zurückgefallene Tiere. Nur das Absprengen eines einzelnen alten Bullen oder einer Kuh mit Kalb von der Herde von Moschusochsen oder Bisons kann bei der Jagd auf so wehrhafte Tiere zum Erfolg führen. Bei der Hetzjagd auf Saigaantilopen, Mongolische Kropfgazellen oder Rentiere schaffen die Wölfe zuerst eine Probesituation, indem sie das Rudel in Gruppen aufspalten, und erst dann verfolgen sie mehrere oder einzelne Tiere. Sie "pressen" buchstäblich die schwachen Stücke aus der Gruppe heraus.